Risse in der Harfendecke
Risse in einer Harfendecke, die von rechts nach links, also quer verlaufen, sind nicht schlimm. Sie verändern den Klang nicht negativ und die Harfe wird deshalb auch nicht unstabiler. Sie werden in der Regel so belassen wie sie sind und nicht geleimt oder mit Holzspänen ausgefüllt.
Hier die Erklärung im Detail:
Unsere Harfendecken werden aus vielen einzelnen Brettchen zusammengeleimt, deren Faserverlauf quer über das Instrument verläuft. Diese quer verlaufenden Jahresringe geben der Decke eine große Stabilität und sie kann daher sehr dünn und leicht ausgearbeitet werden, was wiederum für einen großen und lauten Klang sorgt.
Allerdings ist Holz ein lebendiger Werkstoff und nimmt Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft auf und gibt sie wieder ab, wenn es trocken wird. Bei aufgenommener Feuchtigkeit werden die einzelnen Holzzellen etwas dicker, bei Trockenheit etwas dünner. Wenn man die Länge einer Harfendecke -noch nicht auf das Instrument geleimt- ein Jahr lang messen würde, könnte man feststellen, daß sie im Jahresverlauf gute 5mm länger und kürzer wird. Auch kann man feststellen, daß das Holz zusätzlich mit dem Älterwerden immer kürzer wird.
Das Holz arbeitet also, je nachdem, wie feucht die Umgebungsluft und wie alt es ist.
Feucht-schwüles Sommerwetter oder lange Regenperioden lassen die Harfendecke länger werden.
Trockenes Winterwetter und trockene Heizungsluft (besonders wenn es unter null Grad geht) lassen die Harfendecke kürzer werden.
Da wir als Harfenbauer nie wissen, in welchen klimatischen Bedingungen eine Harfe ihren Platz haben wird, versuchen wir die Harfendecken in einem mittleren Trockenheitszustand aufzuleimen, so daß sie sich etwas zusammenziehen oder auch etwas ausdehnen kann, ohne daß gleich Trocknungsrisse oder Stauchungswellen entstehen.
Trotzdem ist es fast unvermeidbar, daß mit dem Älterwerden der Harfen irgendwann Trocknungsrisse in der Harfendecke auftauchen. Diese laufen parallel zu den Jahresringen quer über die Harfendecke. Da alle Saiten an einer stabilen Leiste im Innern des Instrumentes aufgehängt sind, werden die Vibrationen über diese Leiste an alle Deckenbereiche weitergeleitet, so daß klanglich keine Einbußen zu hören sind. Oft klingen Harfendecken nach dem Entstehen von Rissen sogar freier, da die Spannungen, die sie am Schwingen gehindert haben, gelöst sind.
Trotzdem sind Risse in einer Harfendecke nicht schön. Aus diesem Grund werden viele Harfendecken mit einer dünnen Holzschicht, sog. Furnier, belegt, deren Holzfasern parallel zu den Saiten, also um 90 Grad gedreht verlaufen. Dieses dünne Furnier verhindert das Entstehen von Deckenrissen. Allerdings verändert sich das Schwingungsverhalten der Harfendecke etwas und der Klang damit auch. Wir möchten aber gerne den historischen Klang der Böhmischen Harfen in die heutige Zeit transportieren und den gibt es eben nur, wenn die Decke nicht furniert wurde. Daher muß man mit den Rissen leben.
Bei ganz alten historischen Böhmsichen Harfen kann man feststellen, daß die einzelnen Brettchen, aus denen die Harfendecke besteht, nie miteinander verleimt waren und daher dem Holz von Anfang an der Raum zum "Arbeiten" gegeben worden war. Risse waren also von Anfang an eingebaut.